Autonomer Bürger
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Wo ist der autonome Bürger hin?

Autonome Bürger. Ein Zeichen unserer Zeit scheint der Verlust an Vertrauen in das Individuum zu sein, in den autonomen Bürger. Verantwortung und Selbstbestimmung spielen in den Diskursen der Gegenwart keine Rolle und erscheinen als antiquiertes Weltbild. Und tatsächlich sprechen einige Entwicklungen der Globalisierung und der Digitalisierung dafür, dass der Einzelne immer weniger entscheiden kann, immer größeren Maschinerien ausgesetzt ist, die er nicht überblickt, nicht beherrscht und nicht nach seinem Willen steuern kann.

Dazu kommt ein gewisser Überdruss an Freiheit. Entscheidungen kosten Zeit, Nerven und Aufmerksamkeit. Der moderne Bürger ist mit seinen eigenen Problemen und Lebensumständen so beschäftigt, dass für die große Politik, das Gemeinwesen und politische Teilhabe kaum Zeit und Lust besteht.

Eigentlich ist es ganz bequem, dass die Politik anbietet, die großen Entscheidungen abzunehmen. Still und heimlich hat sich eine Koalition von Entscheidungsunwilligen und politischen Demagogen gesponnen, die vorgeben, des Bürgers Lasten zu tragen, in Wahrheit jedoch Strukturprobleme durch das Geld der Steuerzahler in die Zukunft verschieben.

Die schwierigen Debatten werden durch Geldströme gelöst. Wirtschaftliche Reformen gelten als unbeliebt. Nur wenn der Bürger etwas bekommen soll, horcht er auf und lässt seine ihm dienstbaren Medienvertreter und Lobbyisten die Politiker vor sich hertreiben, um ihm den maximalen Output zu bescheren.

Doch langfristig die gesellschaftlichen Verhältnisse auf solide Füße zu stellen, zieht niemanden an. Die langfristige Perspektive scheint in der modernen massenmedial vermittelten Demokratie (durch Demoskopie in eine quasi-Direktdemokratie verwandelt) keine Lobby zu besitzen.

Die Schuldenkrise der Südeuropäer? Mit mehr Geld (Schulden) gelöst. Die Flüchtlingskrise in Europa? Mit Geld an Erdogan und andere Schergen gelöst. Das Rentenproblem in Deutschland? Mit mehr Geld heute und weniger Geld morgen gelöst.

Wir erleben die Auflösung einer selbstbewussten Bürgerschaft, die Politik als eine ihr gegenüberstehenden Obrigkeit auffasst. Der Staat ist nicht mehr ein Zusammenschluss aus Millionen von Individuen zur Sicherung der Zivilisation, die sich um den Kern des Rechts bildet.

Vielmehr scheint heute die Vorstellung vom Staat als einer umfassenden Versorgungsanstalt vorzuherrschen, deren Vertreter auf Augenhöhe oder sogar als Diener zu sehen sind.

Dabei von der Politik zu erwarten, dass sie das Zepter wieder aus der Hand gibt, ist selbstredend naiv. Die Bürger müssen sich ihre Verantwortung und ihre Freiheit zurückerobern.

Mit Hartnäckigkeit und beharrender Prinzipientreue. Der Sozialstaat, der die Lasten in die Zukunft verschiebt und in der Gegenwart Geschenke verspricht, hat die Bürger kollektiv korrumpiert. Im Klartext: Wir haben für ein paar vermeintliche Vorteile unsere Freiheitsrechte an die Politik abgegeben.

Aus unserer Angst, unserer Bequemlichkeit, unserem geringen Selbstwertgefühl und unserem vorgeschobenen Alltagsstress hat sich diese Politik stetig ernährt und sich damit einige Fettpolster angelegt. Nur eine strenge Diät kann sie wieder vertreiben, die Geister der Unfreiheit.

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